Ergebnis

EAM for Top-Level Management

Einleitung, Chefsache

Als Enterprise-Architekt das Top-Management wirklich in einer Weise zu erreichen und zu berühren, sodass es sich Zeit und Energie nimmt, um in der betreffenden Sache zu handeln, erscheint schwierig oder zumindest herausfordernd. Das kann bereits beim eigenen CIO oder der IT-Geschäftsleitung der Fall sein und erschwert sich weiter, wenn Business-Manager oder gar der CEO angesprochen werden sollen. 

Unter Zusammenlegung aller Erfahrungen sind wir zu der Auffassung gelangt, dass verschiedene Faktoren, die zum Teil aufeinander aufbauen, zu berücksichtigen sind, wenn man seinen Einfluss auf das Top-Management erhöhen möchte.

Aber warum will man als EAM-Abteilung überhaupt mit dem Top-Management sprechen? Reicht es nicht, im operativen Geschäft die Enterprise-Architektenrolle gut zu spielen?

Also, nicht im Elfenbeinturm zu sitzen, sondern die Entwicklungsprojekte über Architekturleitplanken und -gremien auf Linie zu halten, Transparenz in der Applikations- und Datenlandschaft zu schaffen, Verantwortlichkeiten zu sichern, der IT-Strategie eine Umsetzungsstruktur zu geben und vielleicht als Sahnehäubchen, auch Businessstrategien mit einem guten Capability Management zu sortieren. Da ist doch genug zu tun.

Also: Warum das Top-Management? Ein Beispiel: Am 23.02.23 schreibt die Ostseezeitung unter dem Titel „Wurden Sie gehackt?“ über unternehmerische Nahtoderfahrung nach einem Cyberangriff. 84% der Unternehmen bestätigen demnach mindestens einen Angriff in den letzten 12 Monaten. Die Auswirkungen sind mitunter bedrohlich, oft verheerend und auf jeden Fall teuer. Fazit der Redaktion: „Cybersicherheit muss Chefsache sein!“.

Und was ist für diese Chefsache zu tun? Der Status der eigenen Cybersicherheit ist ehrlich festzustellen und konsequent zu verbessern: Welche Folgen kann ein Angriff haben? Wieviel Nutzer auf wie vielen Endgeräten gibt es eigentlich? Wie sind die gesichert? Und geschult? Wo sind überhaupt die Daten? In welchen Applikationen? Wie wird damit umgegangen? Usw., usw... Schon hier merkt man, EAM hat dazu einige Antworten. Und wenn das Thema Chefsache ist, müssen diese Antworten auch den Chef erreichen – und er muss sie verstehen.

Dies ist nur ein Beispiel aus vielen anderen Themen, die wegen der Digitalisierung und auch vieler anderer Umstände zur 

Chefsache werden, manchmal generell, oft ganz plötzlich und manchmal auch nur für eine kurze, aber intensive Zeit.

Die Transparenz- und Strukturierungskraft von EAM kann hier entscheidend helfen, schneller zu handeln und bessere Entscheidungen zu treffen.

Es kann also tatsächlich überaus relevant sein, dass die EAM-Abteilung in der Lage ist, auch mit dem Top-Management zu sprechen, und es ist wichtig, dass sie dort auch verstanden wird. Aber wie macht man das? Achtung: Es ist ein ganz anderer Auftritt, Dialog, Verpackung notwendig als auf der operativen Bühne. Wie also kann es gelingen? 

Da sind zunächst fachliche Faktoren (1.-3.), Sachverhalte, Inhalte, Fakten, gefolgt von weichen Faktoren wie Persönlichkeit, Sprache und Kultur (4.-10.). Insgesamt geht es um die erfolgreiche Ansprache aus dem Enterprise Architecture Management heraus an das Topmanagement des Unternehmens, sowohl in der IT als auch im Business. Damit ist nicht nur das C-Level gemeint, also Vorstand, Geschäftsführung, Inhaber, sondern alle Manager, die eigene geschäftliche Entscheidungsvollmachten besitzen, also auch Werksleiter oder Niederlassungsleiter etc.

Fachliche Faktoren

1. Grundvoraussetzung ist es, sich sozusagen „in der Welt“ des Topmanagers zu bewegen, seinen Denk- und Handlungskontext zu kennen und in diesem Kontext zu agieren und zu argumentieren. Dieser unterscheidet sich oft grundsätzlich von eher operativen oder fachspezifischen Perspektiven und umfasst in der Regel strategische Sichtweisen und große operative Linien. Die Unternehmensstrategie ist ein guter Anhaltspunkt. Wohin will der Topmanager das Unternehmen führen? Welche Schritte und Meilensteine sind ihm dabei wichtig?

2. Aber was genau ist sein persönlicher Beitrag, sein persönliches Interesse oder gar sein persönliches Ziel? Das Unternehmen z. B. profitabler aufzustellen, kann beim CIO dazu führen, dass er IT-Kosten einsparen will, aber auch, dass er mit einer Investition in die Automatisierung den Businessseiten hilft, Kosten zu sparen. Dem CFO wird hingegen sehr an Kostentransparenz aller Bereiche gelegen sein usw. Der persönliche Beitrag im Kontext ist der beste Trigger für eine erfolgreiche Ansprache.

3. Entscheidend ist aber letztlich der EA-Beitrag selbst. Die beste und bestens vorgetragene Ansprache nützt nichts, wenn man nichts Nützliches liefern kann. Vorausgesetzt, EA kann etwas Relevantes beitragen, und das ist die Grundüberzeugung in diesem gesamten Papier, dann kommt es jetzt hier darauf an, diesen Beitrag als starken Hebel im Kontext des Topmanagers fest einzuklinken und zu verhaken. Und dieses Verhaken, die Übersetzung der EAM-Fakten in Business-Bedeutung, das ist womöglich der wichtigste Erfolgsfaktor in diesen 10 Schritten hier – und der schwierigste.

Nicht fachliche Faktoren

4. Was für ein Typ ist der Topmanager, als Person? Als Mensch? Das ist eine wichtige Frage, wenn ich ihn erreichen will. Ist es der Detailmensch, der meine Exceltabelle verstehen will und den Wert in Zelle B72 erläutert bekommen möchte? Oder eher der Generalist, der die große Idee gern bildhaft verstehen will und in der Umsetzung den Experten vertraut. Für beide ist das Material völlig unterschiedlich aufzubereiten. Es ist also wichtig, sich ein gutes Bild von der Person zu machen.

5. Welche Kultur herrscht im Unternehmen? Wie offen kann ich reden? Wie trete ich auf? Wie ich über andere Abteilungen reden darf, ist ein ungeheuer wichtiger Punkt, da Enterprise Architecture in der Regel abteilungsübergreifende Beiträge liefert.

6. Welche Handlungsspielräume eröffnet mir die aktuelle Organisationsform des Unternehmens? Ist die Verantwortung dezentral verteilt, lokal angesiedelt oder spreche ich zu einer Holding? Welche Weisungsbefugnisse bestehen dann, welche Vorschläge z. B. für die Erfassung von Applikationen kann man da machen? Ist es ein stark hierarchisches Unternehmen? Oder ein Familienunternehmen, wo Traditionen zuweilen eine wichtige Rolle spielen. Oder eine Stiftung wie bei ZF und Bosch?

7. In welcher Rolle und welchem Ansehen trete ich selbst auf? Wie wird Enterprise Architecture im Unternehmen gesehen? Experten? Elfenbeinturm? Exot? Kraftvolle Architekten? Muss Skepsis überwunden werden oder gar Unwissenheit im Sinne „ich muss erklären, wer ich bin und warum ich hier bin“?

8. Welches Vertrauen genießen ich und EA in diesem Dialog? Der anzustrebende Zustand ist, dass der Topmanager der EA-Rolle genauso vertraut wie z. B. seiner Finanz- oder Strategieabteilung. Die Frage ist, ob EA bei ihm bereits so gesehen wird und EA sich dieses Vertrauen bereits erarbeitet und verdient hat. Und was gemacht werden muss, um das zu erreichen.

9. Infolgedessen ist die Frage wichtig, wie EA auftritt, in welcher Art und Weise und in welcher Rolle. Was ist damit gemeint? EA kann z. B. als Moderator, Mediator, Übersetzer und Orakel zwischen Unternehmensteilen, Ratgeber oder Katalysator aufzutreten oder als Leader, Treiber oder Enabler überzeugen. Auch die Kontrollinstanz- und Governance-Rolle ist möglich. Welche ist angemessen, welche wird erwartet, welche ist sinnvoll?

10. Alle 9 Punkte einbeziehend ist die Frage zu entscheiden, welche Art der Kommunikation ist zielführend? Folienvortrag mit Fakten? Oder Analogien? Einspieler oder Filme? Zitate und Testate? Der damalige CBA Lab Workstream Architecture Emotions hat dazu einige Möglichkeiten aufgeworfen. 

Kernerkenntnis: Eine schlechte Botschaft gut erzählt hat mehr Erfolg als eine gute Botschaft, die schlecht erzählt wird.

Der CBA Lab-Workstream "EAM for Top-Level Management" hat sich mit allen 10 Punkten auseinandergesetzt 

(siehe nachfolgende Infografik) und gibt dem Enterprise-Architekten einen Werkzeugkoffer an die Hand, um den Weg zum Topmanager und in seinen Kopf zu finden.

Infografik "Der Handlungsraum zum Verstehen & zum Verständnis"