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22.09.2018

Keine KI ohne Daten, keine Daten ohne EAM

Selbstfahrende Transportmittel, selbstorganisierende Logistikketten und Läger, automatische Sprachübersetzung in Echtzeit, individualisierte Werbung und erfolgreiche Partnervermittlung: Der springende Punkt ist – all dieses ist bereits heute verfügbar. Es ist der Anfang, nicht das Ende der Entwicklung.

von Dr. Karsten Schweichhart 

Basis von allem ist ein Durchbruch in der KI. Basis der KI ist die möglichst unbegrenzte Datenverfügbarkeit, die durch eine gut organisierte Enterprise Architecture ermöglicht werden kann und muss: Keine KI ohne Daten, keine Daten ohne EAM!

Neue Qualitäten in der KI

Nach rund 20 Jahren Winterschlaf beginnen die Algorithmen der KI jetzt, ihre Versprechen einzulösen. Machine Learning, Deep Learning, komplexere neuronale Netze – sowohl die erforderliche Rechenleistung als auch die erforderlichen Trainingsdatenmengen, die heute verfügbar sind, haben die notwendigen kritischen Grenzen überschritten. Spätestens seit der menschliche Go-Weltmeister von einem Bot souverän geschlagen wurde, scheint alles möglich.

Entscheidend für die Praxis ist, dass mit Algorithmen dieser Art tatsächlich allerlei Services, Bots und Analysen entwickelt werden können, die unmittelbar zur Verbesserung von Prozessen, Verfahren, Kundenbeziehungen oder gar Geschäftsmodellen beitragen. Vorausgesetzt, die relevanten Daten sind verfügbar.

Neue Qualitäten in Daten

Der neue, wertvollste Rohstoff der Welt sind Daten. Daten sind das neue Gold oder das neue Öl, heißt es. Vier treibende strategische Trends machen sie dazu:

1. Sensoren allerorten produzieren Daten über alle Dinge, Prozesse, Landschaften und Lebewesen in unbegrenzten Mengen.

2. Die Vernetzung aller Sensoren dieser Welt macht diese Daten verfügbar.

3. Cloud und Edge: Datenspeicherung und -verarbeitung wird ständig mächtiger im Sinne von „billiger, schneller, kompakter“. Sie ist verfügbar in Cloud und Edge, Menschen eingeschlossen.

4. Algorithmen und KI: Befähigt von massiven Datenmengen und Rechenkapazitäten jenseits einer kritischen Grenze sind Algorithmen und KI nun das mächtigste Werkzeug.

Eine unübersehbare und unvorhersagbare Menge von Möglichkeiten entsteht. Ihnen allen gemein ist, dass der Rohstoff Daten das zentrale Antriebsmittel ist. Und immer dann, wenn der Menschheit ein neuer Rohstoff in die Hände fällt, erschließt sie ihn in drei Schritten: punktuelle Ausbeutung, Teilen durch Handeln, Gründung einer Ökonomie. So war es bei Gold und Strom, so ist es zurzeit bei Öl.

Der Goldrausch am Klondike River 1896 hat die Werte der Welt auf Gold verankert. Bis zum Ersten Weltkrieg waren Goldmünzen als Zahlungsmittel überall verbreitet (Goldmark, Sovereign, Vrenelis), dann wurden Banken und Börsen die Handelsplattform für diesen Rohstoff. Bis heute handeln sie Gold und Staaten bunkern Goldreserven als Stabilitätsgarantie ihrer Währung und Wirtschaft.

Strom war eine disruptive Erfindung als Ersatz für Windmühlen, Wasserkraft und Dampfmaschinen und hat seinerseits eine komplett neue Ökonomie geschaffen. Zunächst punktuell produziert mit eigenen Generatoren pro Fabrik, entstanden bald und unter anfänglichen Widerständen und Misstrauen Kraftwerke, die über Verteilnetze eine zuverlässige Stromversorgung von Wirtschaft und Gesellschaft versprachen. Vom Mindset her sehr vergleichbar mit dem heutigen Datenstrom, dessen Management man nur zögerlich zentralen Kraftwerken anvertraut, der Cloud.

Erdöl ist heute der zentrale Rohstoff der Ökonomie. Seit seiner ersten Förderung in den 1850er Jahren als Brennstoff und Energieträger hat vor allem die Petrochemie nach dem Zweiten Weltkrieg eine Vielfalt an Substanzen erschaffen, die zu Kunststoffen, Materialien, Düngern und gar Medikamenten führten, die in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen genutzt werden und zum Teil nie für möglich gehalten wurden.

Wenn also Daten das neue Gold oder das neue Öl sind, dann sind vier Feststellungen alles andere als abwegig:

1. Daten müssen wie Rohstoff gefördert, gelagert, gehandelt und verarbeitet werden.

2. Wir sind noch in der punktuellen Nutzungsphase. Jeder hält seine relevanten Datenrohstoffe bei sich. Es gibt noch keinen Datenhandel, keine Daten-Bank und keine Daten-Börse. Aber sie werden kommen.

3. Viele Daten laufen noch in Eigenversorgung, gleichwohl der Trend zu Datenkraftwerken (Cloud) zunimmt. Cloud, Edge und entsprechende Netze werden ein belastbares, zuverlässiges Datenstromnetz bilden.

4. Die Ölraffinerien der Daten sind Algorithmen, die Petrochemiker die Data Scientists und Engineers. Sie werden Daten zu Einsichten verbinden, die nie für möglich gehalten wurden.

Die Quintessenz ist, dass dies alles nur gemeinsam passiert, alle vier Punkte bedingen sich. Und es beginnt bei der Rohstoffgewinnung.

Fördertürme des Datenrohstoffs: Enterprise Architecture

Diejenigen Unternehmen haben heute schon einen Wettbewerbsvorsprung, die sich mit Enterprise-Architektur schon länger auseinandersetzen. Sie haben ein Domänenmodell für ihr Business, haben in ihrer IT-Landschaft ihre Daten organisiert mit Masterdataship und Data Stewards und sich z. B. im CBA Lab organisiert, um das Thema voranzubringen. Jetzt gilt es, diese Daten aus den Prozessen und IT-Systemen „herauszuholen“, um sie innerhalb oder gar außerhalb des Unternehmens gezielt übergreifend bereitzustellen.

Wenn man sich auf die Kraft der oben skizzierten Entwicklung einen Moment einlässt, wird die Bereitstellung und Nutzung von Daten zu DEM kritischen Erfolgsfaktor überhaupt. Wenn man zudem die Annahme einer Datenökonomie zulässt, reicht der eigene Bezugsbereich zur erfolgreichen Gestaltung längst nicht mehr aus.

Für die EA stellen sich plötzlich erweiterte Aufgaben:

1. Organisation und Bereitstellung des eigenen Rohstoffs Daten für interne Zwecke wie bisher,

2. Verfügbarkeit der eigenen Daten an der Unternehmensaußenkante zwecks Austausch oder Handel,

3. Recherche und Gewinnung externer Daten zur internen Nutzung im Sinne einer Petrodatenchemie.

Die etablierten Methoden des Enterprise Architecture Management bekommen damit eine leichte Veränderung und ein neues Gewicht. Sie bilden die strukturierte Fördertechnologie des Daten-Öls aus. Der 2018 abgeschlossene Workstream des CBA Lab „Datengetriebene Geschäftsmodelle“ bringt es auf den Punkt und fordert die konsequente Stärkung und Einsetzung der folgenden EAM Capabilities:

1. Datenstrategieentwicklung

2. Datenmodellmanagement

3. Datenbereitstellungsmanagement

4. Daten-Governance-Management

5. Daten-(IT/Referenz)-Architektur-Management

 

Enterprise-Architekten – wir können das!

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Dr. Karsten Schweichhart, Vorstandsmitglied

Basis von allem ist ein Durchbruch in der KI. Basis der KI ist die möglichst unbegrenzte Datenverfügbarkeit, die durch eine gut organisierte Enterprise Architecture ermöglicht werden kann und muss: Keine KI ohne Daten, keine Daten ohne EAM!