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25.06.2019

EAM: Im Mittelpunkt stehen Veränderung und Anpassungsfähigkeit

EAM erlebt eine neue Art von Kraftentfaltung: als Gestalter, Ratgeber und Lotse der Digitalen Transformation. Auf der EAM-Konferenz des CBA Lab Mitte Mai in Berlin zeigten Enterprise-Architekten aus Unternehmen verschiedener Branchen eindrücklich den neuen Wert von EAM als Richtungsgeber der Digitalen Transformation.

EAM spielt für die Welt der Digitalisierung, also z. B. für Industrie 4.0 und Smart Cities, eine inzwischen erfolgskritische Rolle im Wettbewerb. Denn die Digitale Transformation benötigt vor allem Daten und deren Analyse, um Zusammenhänge deutlich zu machen. Architecture Frameworks wie Togaf sind dabei für das Wissen um Zusammenhänge immer noch extrem wichtig, allerdings sind sie nicht mehr allein die Essenz eines modernen EAM-Wirkens. Denn die Rolle von EAM verändert sich: Nicht mehr nur Risikovermeidung steht im Mittelpunkt, sondern Anpassungsfähigkeit und der Umgang mit Unsicherheiten, nicht Governance steht im Vordergrund, sondern Begleitung, Transparenz, Empfehlung – und das nicht mehr nur im IT-Umfeld, sondern vor allem im (digitalisiertem) Business.

„Die Digitale Transformation steht weit oben auf der Agenda der großen Organisationen. Sie begreifen sie als Managementaufgabe und stellen sich die Frage, wie sich Digitale Transformation im Großen und als Daueraufgabe gestalten lässt“, erklärt Dr. Johannes Helbig, Vorstandsvorsitzender des CBA Lab. Und Dr. Karsten Schweichhart, Data Economy Executive Deutsche Telekom und Vorstand CAB Lab e. V., ergänzt: „Mit EAM werden Unternehmen erfolgreicher – auch mittelständische Firmen, wie wir auf dieser Veranstaltung deutlich sehen.“

Mit EAM immer am Ball bleiben

EAM im Mittelstand spielt seine Stärken immer dann aus, wenn es zu plötzlichen Veränderungen im Markt kommt, berichten Hendrik Gedicke, Chief Architect KTR Systems GmbH und Olaf Korbanek, CIO und Prokurist bei KTR, Hersteller von Antriebstechnik, Brems- und Kühlsystemen sowie Hydraulik-Komponenten für Maschinen- und Anlagenbau. „Für uns ist EAM Mittel zu dem Zweck, stets reaktionsbereit zu sein. Architekturmanagement hilft uns, den Ball im Spiel zu halten. Wir sind als Komponentenhersteller nicht in der Lage, das Spiel selbst zu bestimmen. Das tun die Großen wie Siemens. Wir müssen reaktionsbereit bleiben, weil das Umfeld sich sehr schnell ändert.“ Sie unterstreichen das mit einer Analogie aus dem Sport: „Wie im Volleyball: Wir müssen immer auf Zehenspitzen stehen, um schnell die Richtung wechseln zu können“, so Korbanek.

Bei KTR spielt sich Digitalisierung vor allem in drei Bereichen ab: im Produkt, im Bereich innere Wertschöpfung und bei Veränderungen im Markt – Stichwort Plattformökonomie. Die Architekten von KTR beschäftigen sich vor allem mit den Marktveränderungen. „Denn wenn ein Partner plötzlich Leistung statt Produkt kaufen will, dann muss man schnell reagieren und beispielsweise auf pay per use umstellen können.“

Seit rund drei Jahren ist bei KTR EAM die strategische Grundlage – oder die „Spielfläche“, auf deren Basis alle Aktivitäten stringent geplant werden. Im EAM sind alle Systeme, die Projekte und beteiligten Prozesse dokumentiert – samt SAP- und Microsoft-Plattformstrategien. „Damit haben wir den Überblick – auch darüber, was der Gegner macht. Und der ist inzwischen nicht mehr nur der direkte Wettbewerber, sondern auch der Anbieter von Dienstleistungen aus der Cloud. Wir haben das bessere Angebot, also keines, was man sich auf die Schnelle per Maus zusammenklicken kann. Das funktioniert nur, wenn Prozesse stabil laufen und Daten schnell zur Verfügung stehen – und dafür ist EAM eine Schlüsselkomponente“, so Gedicke.

Agilität ist auch für Dr. Sebastian Saxe, CDO und Mitglied des Management Boards der Hamburg Port Authority (HPA), ein entscheidender Vorteil, den stringentes Architekturmanagement bietet. Sein Traum: Mit dem Notebook den ganzen Hafen zu steuern. Eine Mammutaufgabe, denn „der Hafen ist eingebettet in die ganze Stadt – das ist ein einziges großes logistisches System“. Architekturen sind hier zwingend erforderlich. „Die Architekturen, die wir entwickelt haben, lassen sich übereinanderlegen und verbinden.“ Schon jetzt ist der Verkehr im Hafen auf Schiene, Wasser und Straße digital gesteuert. Die Architekturen und Erfahrungen aus dem Hafen seien wichtig für die gesamte Stadt und übertragbar auf das komplexe Verkehrssystem. Weitere Sensoren, Drohnen, KI und 5G sollen nun hinzukommen, um beispielsweise Kaimauern oder Brücken vorausschauend zu warten oder LKW autonom auf die Straße zu bringen. „Für die Architekturbildung bedeutet das: laufend Geschwindigkeit aufnehmen“, so Dr. Saxe.

EAM: Aus „Enterprise“ wird „Ecosystems“

Ein probates Mittel dafür ist der Digitale Zwilling. „Wir müssen Silos aufbrechen“, sagt Uwe Weber, Managing Partner der Detecon International GmbH und Botschafter des CBA Lab. „Denn alles hängt mit allem zusammen.“ EAM bedeutet für ihn deshalb auch „nicht Enterprise, sondern Ecosystem Architecture Management“. Und in dessen Fokus rückt er den Digitalen Zwilling, der die Zusammenhänge verdeutlichen kann. „Ein Architekt muss Informationen in den Mittelpunkt rücken, deren Ursprung, Kontext, Semantik und Bedarf alle Stakeholder kennen. Damit entsteht ein Value-Netzwerk.“ Sein Beispiel: Predictive Maintenance eines Krans im Hafen.

„Die Prozesskette beginnt mit dem Bauplan des Krans und endet mit Tarifen der Versicherung“. Dieses komplexe Konstrukt erfordert eine Informationsarchitektur mit unterschiedlichen Bausteinen, die nicht nur die Komponenten und Beziehungen zwischen den Komponenten beschreibt, sondern auch, wie die Architektur entsteht und weiterentwickelt werden kann.

Beim digitalen Gebäudemanagement werde es so mit unterschiedlichen Datenmodellen möglich, eine Vielzahl von Geometriedaten, Prozess- und Produktinfos sowie Materialdaten miteinander zu kombinieren und je nach Bedarf zur Verfügung zu stellen. Am Digitalen Zwilling lassen sich bestimmte Eigenschaften vorab virtuell zeigen und überprüfen, ohne sie aufwändig in der Realität erst aufbauen und testen zu müssen.

Dass die Zeiten, in denen die Einführung neuer Produkte und Technologien durch die Unternehmensarchitektur von langer Hand geplant und eingeführt werden, vorbei sind, betont Clemens Utschig-Utschig, Executive Director, Head of IT Technology Strategy/CTO BI X digital lab von Boehringer Ingelheim. Für ihn hat Geschwindigkeit oberste Priorität.

BI X ist das vor zwei Jahren neu geschaffene Digital Lab von Boehringer Ingelheim, ein Start-up, in dem neue Konzepte und digitale Lösungen für die Geschäftsbereiche Human Pharma und Tiergesundheit auf Open-Source-Basis entwickelt werden. „Wir haben einen Development Stack, der es Entwicklern erlaubt, sich auf die Fachlichkeit ihrer digitalen Lösung zu konzentrieren. Sie müssen sich nicht bei jedem Minimum Viable Product mit der Frage beschäftigen, wie sie die Umgebung aufsetzen oder wo sie Daten und Dokumentation ablegen, um alle Regularien zu erfüllen.“ Wenn das MVP erfolgreich auf den Markt gebracht sei, übergebe man das ganze Wissen – samt Code-Basis und Dokumentation – an die IT und an die Business-Organisationen „and go for lunch“. Er bezeichnet dies als „On-klick-Migration der gesamten Infrastruktur“. Das Ergebnis: hohe Geschwindigkeit und Compliance.

Dr. Schweichhart zog ein positives Fazit der EAM-Konferenz, die der EAM-Verband Cross-Business-Architecture Lab e. V. in Zusammenarbeit mit Inside Business organisiert hat: „Wir sind dem Motto unserer Veranstaltung gerecht geworden, ´Richtungsgeber für die Digitale Transformation´ zu sein. Die Konferenz war hochkarätig besucht und hat Best Practices von Anwendern auf die Tagesordnung gesetzt, die alle Architekten in Zeiten der Digitalen Transformation intensiv beschäftigen. Das Feedback der Teilnehmer war dementsprechend positiv. Wir werden damit die Konferenz auch im kommenden Jahr wieder ausrichten – Das Beste von EAM am 18. & 19. März 2020 in Berlin.“

Dr. Sebastian Saxe,
CDO und Mitglied des Management Boards der Hamburg Port Authority

Der Hafen ist eingebettet in die ganze Stadt – das ist ein einziges großes logistisches System